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Rücksichtnahme und Aufsichtspflicht beim Skifahren


Will ein schnellerer Skifahrer an einem Langsameren vorbeifahren und kommt es dann wegen eines Seitwärtsschwung des langsameren Skifahrers zur Kollision, handelt es sich um einen schuldhaften Verstoß des Schnelleren gegen die Regeln des internationalen Skiverbandes FIS. So entschied das LG Ravensburg (Urteil vom 22.3.2007) und urteilte nebenbei, dass Eltern nicht gegen ihrer Aufsichtspflicht verstoßen, wenn sie ihren 12jährigen Sohn allein eine Abfahrtspiste hinunterfahren lassen.

Die Klage folgte aus einem Unfall auf einem Ziehweg, der von zwei Abfahrtspisten zu den Liften führte. Die Klägerin hatte einen Linksschwung gemacht, als ihr der 12jährige von links in die Seite fuhr, so dass beide stürzten. Der Junge war auf dem letzten Wegstück Schuss gefahren und daher mit größerer Geschwindigkeit als die Klägerin unterwegs, damit er ausreichend Schwung hatte und nicht vor dem Lift würde schieben müssen.

Das Landgericht verurteilte den Jungen zur Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungspflicht. Es führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass der Überholende seinen Abstand so zu wählen habe, dass dem Vorausfahrenden für alle Bewegungen, die sich aus dem Skisport ergeben, genügend Raum bleibe. Der nachkommende, schnellere Skifahrer müsse grundsätzlich mit allen Seitenbewegungen sowie einem Halteschwung oder Sturz des Vorausfahrenden rechnen. Demgegenüber treffe einen Langsameren keine Rücksichtnahmepflicht hinsichtlich von hinten kommender Skifahrer; nur für den stehenden und anfahrenden Skifahrer, für den hangaufwärts Schwingenden, für den die Abfahrtspiste querenden Skifahrer und in Kreuzungsbereichen gelte das Vergewisserungsgebot der FIS-Regeln.

Den Eltern des Jungen machten die Richter keinen Vorwurf. Ihr Sohn war bereits ein geübter Skifahrer und hinsichtlich der zu fahrenden Abfahrt kurz zuvor instruiert worden. Eine ständige Aufsichtspflicht treffe die Eltern unter diesen Umständen nicht.

Letztlich ist jeder Skiunfall als Einzelfall zu prüfen, da die FIS-Regeln wie jedes allgemeingültige Gesetz sich in vielerlei Richtung auslegen lassen und sich der Sachverhalt wegen der schwierigen Beweissicherung oft nur lückenhaft aufklären lässt. Die Prüfung des Rechtsfalles überlassen Sie daher am Besten dem Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.

1/2008

 

vom 25.07.16 um 16:48